Überall auf Nordzypern erinnert man sich heute an den Beginn der türkischen Militärintervention vom 20. Juli 1974. Während die griechischen Zyprer von einer „Invasion“ sprechen und der türkischen Armee expansionistische Absichten unterstellen, wird die Aktion von türkischer Seite auch als „Friedensoperation“ bezeichnet. Tatsächlich landeten die türkischen Truppen an der Nordküste Zyperns als Reaktion auf den Putsch gegen Makarios III. am 15. Juli 1974. Makarios, der sich nach London retten konnte, sprach selbst von einem Überfall auf die Republik. Wurden anfangs die Auseinandersetzungen hauptsächlich zwischen den Gegnern und Befürwortern des Erzbischofs und somit innerhalb der griechischzyprischen Volksgruppe ausgetragen, war schon wenige Stunden nach dem Putsch klar, dass das nationale Ziel der Putschisten – der Anschluss Zyperns an Griechenland – die weitere Existenz der türkischen Volksgruppe auf der Insel gefährden würde.
Gemäß der 1959/60 geschlossenen Garantieverträge zwischen der neuen Republik Zypern, deren so genannter Mutterländer Griechenland und Türkei sowie der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, forderte Ankara die Wiederherstellung der verfassungsgemäßen Ordnung. Diese war bereits ein Jahrzehnt zuvor massiv eingeschränkt worden. Damals konnte lediglich eine Initiative der USA ein Eingreifen Ankaras abwinden. Im Sommer 1974 war die Lage für die türkische Bevölkerung Zyperns aber weitaus bedrohlicher. Nicos Sampson, der von der Junta installierte Putschistenpräsident war ein Unterstützer des so genannten Akritas-Plans, der die Vertreibung der Türken von Zypern vorsah. Dabei wurde bereits 1963 nicht vor blutiger Gewalt zurückgeschreckt. Schon 1963/64 schrieb der damalige deutsche Botschafter Dr. Koenig an das Auswärtige Amt in Bonn, dass die türkische Bevölkerung unsagbare Leiden zu ertragen habe.
Ankara bemühte sich in Großbritannien um Unterstützung. Die ehemalige Kolonialmacht wollte sich nicht mehr als nötig in den Konflikt einmischen und verweigerte die Unterstützung. Griechenland wurde als Urheber des Putsches nicht befragt. Die „Regierung von Zypern“ war nicht mehr greifbar und wurde daher nicht einbezogen. Am 20. Juli landeten Fallschirmjäger an der Nordküste Zyperns und eroberten einen Brückenkopf zwischen den Städten Kyrenia und Nikosia. Auf dem Boden halfen ihnen türkische Freischärler, die bereits seit den 1960er Jahren die türkischen Enklaven und städtischen Ghettos sicherten. Bei den türkischen Vorstößen kamen zahlreiche Zivilisten zu Schaden, es wurden dabei auch griechischzyprische Dörfer geräumt und ihre Einwohner vertrieben, wenn sie nicht bereits zuvor geflohen waren. Daher ist der Begriff der „Friedensoperation“ nicht angemessen, wenn man die gesamte zyprische Bevölkerung betrachtet. Die türkischen Zyprer aber empfanden den Truppeneinmarsch als Befreiung.
Die Teilung der Insel Zypern, die bereits 1963 begonnen hatte, wurde durch die Ziehung der so genannten Attila-Linie zwischen Nord- und Südzypern nun zementiert. Aus einem türkischzyprischen Flickenteppich wurde ein geschlossenes Siedlungsgebiet im Norden der Insel. Nach Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen konnte das Blutvergießen gestoppt werden und Putschisten-Präsident Sampon trat ab. Makarios III. kehrte bald auf die Insel zurück und man begann die ersten Verhandlungen über eine Überwindung der Situation. Erschwert wurden die Gespräche aber dadurch, dass die Vertreter der Zyperngriechen bereits seit den 1960er Jahren als „Regierung Zyperns“ hofiert wurden und die Inseltürken nun einer wirtschaftlichen und politischen Isolation ausgesetzt waren. Die tatsächlichen Opfer, das türkischzyprische Volk, wird bis heute für die Machtpoker zwischen den Mächten, bestraft.
Zum Gedenken an den Tag des Beginns der türkischen Militärintervention finden alljährlich Feierlichkeiten in Nordzypern statt. Zentraler Bestandteil ist eine Parade. Präsident Eroğlu empfing den türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül in Nikosia. Der türkische Präsident reiste ein letztes Mal vor Ende seiner Amtszeit in die 1983 proklamierte Türkische Republik Nordzypern. Alle verantwortlichen Politiker mahnten, dass die Eigenständigkeit, die sich die türkischen Zyprer in den vergangenen vier Jahrzehnten erstritten hatten, nicht aufs Spiel gesetzt werden dürften. Die Gespräche zur Überwindung der Teilung stecken derzeit in einer tiefen Krise. Ex-Präsident Talat sprach erst jüngst von einer „Sackgasse”. Die Teilung Zyperns zu überwinden bedeutet, dass Europa den Zyperngriechen einen Weg ebnen muss, wie es möglich ist, gesichtswahrend auf den Alleinvertretungsanspruch zu verzichten, denn dass die türkischen Zyprer auf den Status als gleichberechtigter Partner nicht verzichten werden, was ihnen qua Verfassung von 1960 zusteht, einen Status, den sie unter Gewaltanwendung verloren hatten, das steht außer Frage.
Die so genannte „Militärintervention“ dauert inzwischen 40 Jahre an, gepaart mit der rechtswidrigen Ansiedlung von Tausenden Festlandtürken.