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Die Vergangenheit ist unsere Zukunft

5. März 2012 von Redaktion Caretta

Das Nationalarchiv und Forschungszentrum in Kyrenia

Meine Existenz hier in Zypern mag eines Tages ein winziger Teil der Landesgeschichte sein, sowie von vielen anderen Expats, die auf die eine oder andere Art einen Eindruck hinterlassen haben, und vielleicht stehe ich als kleiner Ordner in den Regalen des Nationalarchivs und Menschen der Zukunft kommen hierher und lesen über mich und meine Arbeiten oder über Dich und Dich, und sie setzen sich hin und machen sich ihre Gedanken über uns. Wir haben nicht umsonst gelebt, wir haben etwas hinterlassen. Ein gutes Gefühl.

So manches Mal bin ich in all den Jahren am Nationalarchiv vorbeigegangen, das seit 1975 in dem schönen alten Gebäude in einem parkähnlichen Garten untergebracht ist und ich nahm mir vor, mehr darüber zu erfahren. Ein Gebäude mit eigener Geschichte, in einem zu seiner Zeit einzigartig modernem Stil von den Brüdern Michaelides erbaut. Das Haus gehörte einem Onkel von Rita Severis‘ Mann; Rita ist Schriftstellerin, Journalistin, Kunsthistorikerin und Philosophin, bekannt für ihr ausgezeichnetes Buch “Travelling Artists in Cyprus 1700-1960”. Niki Marangou, eine bekannte Schriftstellerin und Poetin, mit Rita befreudet, erzählte mir von ihren Erinnerungen an dieses Haus: … “Christodoulous Severis, der Eigentümer, war ein Freund meines Vaters und ich erinnere mich an die herrlichen Sonntagslunches im Garten, zu denen wir eingeladen waren…“ Das muss in den 1950ern, 60ern gewesen sein, und wenn man genau hinschaut, kann man hinter den Regalen mit Unmengen an Dokumenten immer noch die schöne Architektur entdecken.

Ein Freund, Nazif Bozatlı, der, wie mir scheint, einen jeden in Zypern kennt, und u.a. über die größte private Fotosammlung verfügt, begleitete mich zu einem Gespräch mit Gökhan Sengör, seit zehn Jahren Direktor des Nationalarchivs. Dieser ist Bibliothekar und Archivar und hat seinen Master in Osmanischer Paläographie gemacht. Sein Stolz auf diese Institution ist nicht zu übersehen, als ich ihn während unseres Besuches beobachtete, mit welchem Ausdruck der Liebe er die kostbaren Bücher hervorholte, um sie für uns zu öffnen und zu erklären. Ich vermute, dass er ein jedes Dokument genau kennt. Als er im Jahre 2000 diesen Posten übernahm, standen ihm lediglich fünf Mitarbeiter zur Verfügung, heute jedoch gehören zu seiner Mannschaft zwölf Mitarbeiter plus zwei Wachleute und zwei Wachhunde. „Errichtet wurde das Nationalarchiv und Forschungszentrum im Jahre 1971- zu der Zeit noch in den alten Präsidiumsgebäuden, das sind die alten Baracken entlang der Stadtmauer gleich neben dem Kyreniator in Nicosia. Es wurde höchste Zeit, dass wir unsere Vergangenheit zu einem richtigen Archiv ausbauten und im Jahre 1975 zogen wir um in dieses Gebäude in Kyrenia. Wir holten uns alle alten und seltenen Bücher aus den im Inselnorden vorhandenen Bibliotheken, um eine Zentralisierung zu erreichen und eine gewisse Ordnung in den ständigen Zufluss an Dokumenten zu schaffen.

Ich erfuhr, dass nur seltene Bücher und Dokumente hier archiviert sind, alle anderen gehören in den Zuständigkeitsbereich der Stadtbibliotheken. Niki Marangou hatte mir von ihrem Onkel Mitsos (Demetrios) Marangos erzählt und seiner berühmten Privatbibliothek in Famagusta. All sein Geld hatte er in seltene Bücher gesteckt, insbesondere die Reiseberichte der Pilger ins Heilige Land, und als er im Jahre 1974 alles stehen und liegen lassen musste, konnte er bis zu seinem Tode nicht mehr erfahren, was damit geschehen war. Nach Öffnung des ersten Checkpoints in 2003 hatte Niki Nachforschungen im Nationalarchiv angestellt und tatsächlich einige Bücher gefunden. Es machte sie froh zu wissen, dass ein Teil der Sammlung somit gut aufgehoben war. Die vielen Bücher, die sie von Privatleuten zurück kaufen konnte, waren oft sehr beschädigt. Gökhan Sengör führte uns durch das Haus bis direkt unter das Dach. Die Räume im Haupthaus haben zum großen Teil noch keine automatische Regelung von Temperatur und Feuchtigkeit, nur solche, in denen die kostbarsten Bücher und Dokumente aufgehoben werden. Und was für Bücher!

Gökhan klärt uns auf über die verschiedenen Perioden im gesamten Archivbereich: 1570-1878 Osmanische Zeit; 1878-1960 Englische Kolonialzeit; 1960 –1963 Zeit der Republik Zypern; 1964 – 1983 Zeitraum der Türkischen Verwaltung und ab 1983 Zeitraum der Türkisch Zypriotischen Republik. Im Jahre 2009 hatte man alte osmanische Dokumente mit atemberaubend schöner Kalligraphie und Miniaturmalerei entdeckt, worauf mich eine Künstlerfreundin aufmerksam machte; es handelt sich dabei um Originale aus dem Zeitraum 1820 bis 1840, aus der Herrschaft des Sultans Mahmud II.

“Uns erreicht ein nicht abreißend wollender Strom an Dokumenten von Menschen, die uns Dokumente hinterlassen haben, oder denen sie vererbt worden sind und eine Schenkung machen oder sie uns auch zum Verkauf anbieten. Dafür steht uns nicht direkt Geld zur Verfügung, wir können jedoch einen Antrag bei der Regierung stellen.” Im Zentrum des Hauses befindet sich das Büro des Direktors, der Empfang und das Forschungszentrum.

Der Lesesaal ist voll besetzt mit Besuchern, die über Zeitungen, Bücher oder Dokumente gebeugt sitzen, darunter entdecken wir Tuncer Bağiskan, einen Archäologen, der erst kürzlich ein umfangreiches Buch über Osmanische, Islamische und Islamisierte Monumente in Zypern veröffentlicht hat; wir begrüßen ihn. Er ist hier regelmäßiger Gast. Andere Stammbesucher sind Forscher von Universitäten, Schriftsteller, Journalisten und Studenten. Im Nebengebäude, hörte ich, sitzen Wissenschaftler aus der Türkei, die spezielle Bereiche der Archive durchforschen. Als Besucher muss man lediglich seinen Ausweis zeigen, ein Schlüsselwort oder die entsprechende Aktennummer angeben, und schon ist eine hilfreiche Person unterwegs, um das Gewünschte herauszusuchen. Da gibt es zwar Regeln, die zu befolgen sind, aber der Interessierte kann hier seine Untersuchungen anstellen und Kopien erstellen lassen für eigene Forschungsarbeiten. Um uns eine kleine Vorstellung der hier aufbewahrten Dokumente zu geben, zählte uns Gökhan eine lange Liste an möglichen Dokumenten auf: Offizielle Gesetze und Verordnungen; offizielle Pressemitteilungen; Müfti Verordnungen; Kyrenia Gemeindedokumente bis zu 1974; Transport und Hafenunterlagen; Landregistrierungen und entsprechende Belege; Gerichtsfälle 1879 – 1990, Bauordner; alte zypriotische Karten – z.B. aus 1881 von Lord Kitchener, aufbewahrt in einem schweren, verschließbaren Kartenschrank – auf einem Schild lese ich, dass dieser von der Anglo-Turkish Association gespendet wurde . Das meiste davon ist bereits katalogisiert. Die vorerwähnten Dokumente werden alle in separaten Räumen gehortet, teils in Schränken oder auf Regalen bis zur Decke hinauf. Unter den kostbaren Büchern entdecke ich welche von Graziani, dem Archäologen, die vollständige Reihe von Werken von Lord Byron, wunderschön handgemalte Bücher und Folianten aus der Osmanischen Zeit. Unglaublich! Zeitungen und Magazine, auch aus dem griechischen Teil Zyperns; Poster und Fotos, Belege der davoneilenden Zeit; und neue Dokumente treffen täglich ein und müssen gesichtet und geordnet werden. Auf unserer Tour durch die Zeit nahm uns Gökhan Sengör zu den Nebengebäuden, die bereits kontrollierte Raumbedingungen haben.

In einem Gebäude finden wir die Gerichtsfälle 1879 – 1988 und auch die “Queen” dieser Einrichtung, wie sie von allen liebevoll genannt wird. Sie herrscht hier über die Regale und ist bestens unterrichtet, findet viele Kuriositäten unter den Fällen, aber wie sie sagt: ihr Mund bleibt versiegelt. Sie spricht auch fließend Griechisch. In einem anderen Gebäude, einem schönen Pavillon aus alten Tagen, werden die allerkostbarsten Bücher, Dokumente und Manuskripte aufbewahrt und hier verbringen wir viel Zeit, doch darf ich keinen Blitz benutzen, so dass meine Aufnahmen etwas verwackelt sind. Die Methoden der Archivierung wurden in den letzten Jahren aufgewertet und modernisiert. Man verfügt über einen Scanner mit einer Kapazität von 35 megabytes; in acht Boxen von 24 terabytes befinden sich die bereits digitalisierten Dokumente. In den Kellerräumen entdecke ich weitere Geräte in eigenen Arbeitsräumen, wie eine Buchbinderei, Schneidemaschinen Mikrofilmentwicklungsmaschinen und vieles mehr. Aber der Höhepunkt – und ich kann es an Gökhan’s Augen ablesen – ist ein großes Erdloch auf der Rückseite des Grundstückes, es ist die Baustelle für das neue Gebäude mit einer Fläche von 1650 qm und 10 km an Regalen – verglichen mit gerade 3 km zum augenblicklichen Zeitpunkt. Eine unumgängliche Notwendigkeit, sagt Gökhan, unsere Gebäude platzen aus allen Nähten. Dieses neue Projekt ist der Höhepunkt seiner Karriere, sagt er, ein lang geträumter Traum. Als wir die Türen hinter uns schließen, drehe ich mich noch einmal um, mit einem letzten nachdenklichen Blick auf das Nationalarchiv, und es wird mir ganz klar bewusst, dass mit diesem Erlebnis sich mir viele Türen neuer Erkenntnisse geöffnet haben.

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Kategorie: Gesellschaft & Kultur Stichworte: Kunst, Literatur, Türkische Welt

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