Das “Lefkoşa Municipality Theatre“ hat auch in diesem Jahr wieder ein Theaterfestival veranstaltet, das von den türkischsprachigen Zyprioten immer mit großem Interesse erwartet wird. Das Theater hat der Gesellschaft gegenüber eine Bringschuld, so sagte Yaşar Ersoy, der Direktor des Theaters in einem Interview zu mir, die Verantwortung, nicht nur gutes Theater zu machen, sondern auch gute andere Bühnen einzuladen, um deutlich zu machen, was gutes Theater überhaupt ist, auch um Vergleichsmöglichkeiten zu haben.
Wir hatten in diesem Jahr bereits das neunte Festival und zu den eingeladenen Bühnen gehörten: Istanbul Staatstheater, Trabzon Staatstheater, Dostlar Theater, Istanbul Stadttheater, Ankara Kunsttheater und das Pera Theater. Insgesamt bekamen wir acht Vorstellungen aller Genres über den gesamten Monat September hinweg zu sehen. Eines der Stücke, das ich mir angesehen hatte, war eine satirische Komödie des Trabzon Theaters “Istibdat Kumpanyasi“ von Uğur Saatçi, einem jungen Dramatiker, der den ersten Preis in einem Wettbewerb gewonnen hatte. Bei Diskussionen und in Fachzeitschriften war mir bereits aufgefallen, dass die schreibende Zunft weltweit von einem ernsten Mangel an jungen Schriftstellern spricht; die junge Generation würde sich für andere Dinge mehr interessieren als für die Schriftstellerei. So wird durch Wettbewerbe das Interesse angeregt.
Die Regie führte Bariş Erdenk mit Unterstützung von Zeynep Ekin Öner, die auch einen Part im Stück übernommen hatte. Bei dem Stück geht es um die Zensur durch eine Regierung, gezeigt am Beispiel von Sultan Mehmed II. Abdul Hamid (1842-1918), der im Jahre1876 den Medien und dem Theater eine strenge Zensur auferlegte, was die Menschen in Schrecken und Frust versetzte. Das Theater wurde gezwungen, die Wohltaten des Sultans in ihren Stücken aufzuzeigen, doch gab es eine Theatergruppe, die ‘Istibdat Kumpanyasi’ (in etwa: Theater des Absolutismus), die in das Stück, das sie herausbringen sollten, ein französisches Stück um den langnasigen Cyrano de Bergerac herum, freche Ridikülitäten einbrachte.
Großartige Schauspieler, die mit viel Witz und Zauber agierten: M.Fatih Dokgöz, Fatih Topçuoğlu, Zeynep Ekin Öner, Ufuk Şener, M.Ceyhun Cen, Şevki Çepa, Erşan Utku Ölmez, Duygu Dokgöz, Yavuz Topçuoğlu, Ömer Okutan, Nihat Biyik. Zwischen den Szenen wurden musikalische Zusammenfassungen gebracht, in Form von Balladen wurde die Widerstandsbewegung gegen Despotismus und Zensur besungen. Die Schauspieler hatten offensichtlich außerordentlich viel Spass an dem Stück und sangen und tanzten, warfen ihre Beine im folkloristischem Stil, was das Zeug nur herhielt. Die Musikanten, die bei diesen Zwischenbeiträgen auftraten, waren unter der Leitung von Engin Bayrak.
Ich habe mich köstlich amüsiert und ebenso die ca. 800 Besucher des Theaters im Atatürk Konferenz-Zentrum, die sich von der Ausgelassenheit der Schauspieler anstecken ließen. Selbst die Treppen zwischen den Sitzreihen waren von jungen Leuten belegt. Es war wieder einmal ein voller Erfolg, und unser Dank geht an Yaşar Ersoy und sein Theater in Nicosia.
Im Rahmen des Theaterfestivals wurden auch einwöchige Theater-Workshops veranstaltet unter Leitung von Yücel Erten, Prof. Dr. Özdemir Nutku und Prof. Dr. Hülya Nutku; eine wunderbare Gelegenheit für junge Theaterleute, unter Anleitung an sich zu arbeiten und die neuesten Entwicklungen um das Theatergeschehen zu erfahren.
Unser Theater in Nicosia geht nun wieder den eigenen „Geschäften“ nach, übt und arbeitet an den neuen Stücken für die kommende Theatersaison, worauf wir uns schon alle freuen.